Sympalog und Berti: Ein kurzer Rückblick auf 20 Jahre

Es war einmal eine Zeit, in der das Smartphone zwar noch nicht erfunden, das Mobiltelefon aber trotz teurer Tarife schon stärker verbreitet war. Und so entstand 2003 eine spannende Anwendung Berti. „Berti“ steht eigentlich für „Bundesliga-Ergebnis- und Tabellen-Informationssystem“, allerdings hat sicher auch Berti Vogts (Trainer der Nationalmannschaft bis 1998) eine Rolle bei der Namensfindung gespielt.

Von unterwegs einfach mal anrufen und in Erfahrung bringen, wie es denn beim Lieblingsverein oder den Konkurrenten gerade steht? Für Berti kein Problem. Das Besondere an der Lösung von Sympalog lag darin, dass man ganz frei sprechen konnte. Der Anrufer formulierte in ganzen Sätzen („Wie haben denn die Bayern gespielt“) an Stelle von Tasteneingaben oder Schlagwörtern. Der Anruf konnte auch weitergeführt werden („Und wo stehen die denn jetzt in der Tabelle?“) und es entwickelten sich ganz natürliche Dialoge.

Die Vermarktung sollte über eine kostenpflichtige Servicerufnummer erfolgen, was sich aber – genau wie heute – als sehr zäh erwies. Im Jahr 2005 starteten wir noch einen zweiten Versuch mit einem Partner über eine 0900er-Nummer, allerdings führte der schlechte Ruf von 0900er-Nummern zu einem raschen Ende der Vermarktung. Ein großer finanzieller Erfolg war es letztlich nicht.

Berti war aber immer hervorragend geeignet, die Leistungsfähigkeit der Sympalog-Sprachdialogsysteme zu demonstrieren. Im Jahr 2004 bekamen wir zum Beispiel für Berti auf der Veranstaltung „Voice Days“ den Preis für die innovativste Applikation. Selbst nach vielen Jahren im Vertriebseinsatz hörte man noch: „Und das geht so einfach?“ Die Wahrheit lag in der Mitte: Während die Technologie von Sympalog auf solche Anwendungen ausgerichtet war, musste der Spracherkenner mit Hilfe einer statistischen Grammatik (immerhin!) an das Thema Bundesligaauskunft herangeführt werden. Und die Verstehenskomponente auf Basis regulärer Ausdrücke war ebenfalls aufwändig, um die verschiedensten Ausdrucksformen den korrekten Themen zuzuordnen. Letztlich war die Pflege für damalige NLU-Systeme die große und bei sehr dynamischen Inhalten auch zu große Herausforderung.

Die Version Berti 2023 hat sich aus Anrufersicht nicht geändert. Wenn man Aufzeichnungen von damals und heute vergleicht, wird man sich schwer tun, Unterschiede zu erkennen. Was auf den ersten Blick neu ist? Dass nun auch nach der 2. Bundesliga gefragt werden kann. Und sei es nur darum, bei unserer Standardfrage „Wie hat denn der Club gespielt“ endlich auch ein aktuelles Spielergebnis zu erhalten.

Dahinter hat sich aber alles geändert:

  • Die Spracherkennung kommt aus dem Hause EML aus Heidelberg und kann ohne weitere Anpassungen mit freien Äußerungen umgehen. Hier spielt es keine Rolle, ob es um Versicherungsthemen, Bankauskunft, Pizzabestellungen oder Bundesligaauskunft geht. Nur kleine Anpassungen für Spezialbegriff (hier die Vereinsnamen) helfen, das Ergebnis noch zu verbessern.
  • Das Verstehen übernimmt ein Klassifikator, der auf Basis eines ML-Algorithmus an Hand von Beispielsätzen trainiert wurde. Wenn weitere Daten vorliegen, ist ein Nachtraining auf Knopfdruck möglich. Die regulären Ausdrücke werden weiterhin verwendet, aber nur um einfache Phrasen („Platz 3“) zu finden.
  • Der Dialogmanager von Sympalog ist 2011 neu entwickelt worden. Die Dialogschritte sind nicht mehr fest verbunden, sondern auf Basis des aktuellen Dialogzustandes sieht er die nächste passende Reaktion. Ein Ansatz, der bei NLU-Dialogen seine Vorteile ausspielt.
  • Die Sprachausgabe übernimmt eine computergenerierte Stimme. Was viele Jahre nur eine Notlösung für unvorhersehbare Texte war (z.B. E-Mails, Wetter, Überweisungszweck) hat inzwischen eine Qualität erreicht, die auch einen Einsatz in normalen Sprachdialogsystemen erlaubt. Auch wenn eine menschliche Person immer noch einen Tick besser ist…

Im Rückblick auf 20 Jahre Berti lässt sich festhalten, dass der Wunsch nach freien Dialogen gleich geblieben ist, „Sprachdialogsysteme“ jetzt „VoiceBot“ heißen, die Projektarbeit immer noch aufwändig, aber die Technologie(n) inzwischen soweit ist, solche Systeme mit einem vertretbaren Aufwand zu entwickeln und zu betreiben.

Ihr
Martin Schröder

PS: Was sich auch noch geändert hat: Die mühsame Pflege der Spielergebnisse ist entfallen. Dazu vielen Dank an die Community von https://www.openligadb.de/

Und jetzt gleich Berti anrufen: Tel. 09131 6100 160